TOMMY – Stil, Zeitgeist, Musik und Vermächtnis der legendären Rockoper von The Who – Buch Review

TOMMY – Stil, Zeitgeist, Musik und Vermächtnis der legendären Rockoper von The Who
Verlag: Hannibal Verlag
, deutsche Erstauflage
176 Seiten, Hardcover

Preis:
25,-
Autor:
Chris Charlesworth, Mike McInnerney
Übersetzung: Alan Tepper
Veröffentlichung:
11.11.2019
Sprache:
Deutsch
ISBN: 
978-3-85445-673-5


Für den Liebhaber von gitarrenorientierter Rockmusik nehmen The Who einen besonderen Stellenwert ein, speziell wegen ihres nicht ohne Grund gefeierten Konzeptalbum Tommy. Genanntes Konzeptwerk über den blinden, tauben und stummen Jungen Tommy, dessen soziokulturellen Bezüge sowie die kommerzielle Kritik, die letztendlich dahinter steckt, hat den Kultcharakter der Band The Who erst richtig manifestiert. Diese bildeten schon seit ihrer Gründung in den frühen 1960ern eine Art der musikalischen Gegenbewegung gegenüber der herrschenden Popkultur.

Eine Dokumentation der Entstehung von Tommy

Vorliegendes Werk beleuchtet nun den Entstehungsprozess von Tommy. Das Buch ist in einem schicken und griffigen Hardcover gehalten, mit dem Album Cover Artwork von Tommy. Jenes Artwork von Mike McInnerney ist einer der Bausteine von Tommy, die dessen Spiritualität und Tiefgründigkeit vermitteln können. McInnerney ist ein enger Vertrauter vom The Who Mastermind Pete Townshend, dessen Vorwort das Buch einleitet und den Leser in den richtigen Modus versetzt, die Einflüsse und Prozesse hinter Tommy nachvollziehen zu können. Sowohl McInnerney auch als Pete Townshend waren Vertraute des indischen spirituellen Guru Meher Baba, auf dessen mystische Lehren das Storykonstrukt von Tommy fußt.

In vier Oberkapiteln wird im ersten Kapitel zunächst der Zeitgeist und das gesellschaftliche und kulturelle Umfeld beleuchtet, in dem sich die Band beziehungsweise Pete Townshend in den späten 1960ern befanden.

Musik und dessen Entstehung

Im nächsten Kapitel wird die Musik beschrieben, und das Umfeld, in der diese entstanden ist. Pete Townshend hat Tommy musikalisch mehr oder weniger in seinem Heimstudio entworfen, hier werden die Prozesse beschrieben und auch, welche Rolle unter anderem der The Who Produzent Kit Lambert bei der Entstehung hatte. Und auch, dass die musikalische Entwicklung bereits mit Who Sells Out begonnen hat.

Das graphische Konzept und seine Quellen

Im dritten Kapitel wird der graphische Stil beleuchtet. In einem Interview mit Karen Townshend, der Frau von Pete Townshend und einer studierten Grafikerin und Modedesignerin, werden die persönlichen Umstände der Townshends, und der ihnen nahe stehenden Familie McInnerney hinsichtlich der Entstehung von Tommy thematisiert, sowie aus welchen Stilen und Richtungen das Artwork von Tommy maßgeblich beeinflusst und konstruiert wurde. Wichtig sowohl fürs Artwork als auch die Thematik des Albums war dabei der psychologischee Ansatz, in wie weit das Gesehene und die Wirklichkeit zueinander finden; mit welchen Farbspektren welche Hirnregionen erreicht werden. Nicht umsonst waren psychotrope Drogen in den 1960ern so beliebt, wobei sich Meher Baba immer gegen diese positioniert hat.

Nachwirkung und Rezeption

Im letzten Kapitel wird die Nachwirkung von Tommy thematisiert. Das Album wurde im Laufe der Jahre für zahlreiche weitere Medien verwertet. Neben den regulären Livepräsentationen durch die Band, einer Orchesterversion sowie einem Broadway Musical ist die Verfilmung durch Ken Russell aus 1975 sicher die bekannteste mediale Verwertung. Dessen Entstehung wird in diesem Kapitel intensiv beleuchtet, ebenso wie die Beziehung von “Pinball Wizard” Elton John zur Band und zum Album, die Rezeption auf weitere bedeutende Konzeptalben in der Rockgeschichte. Tales From Topographic Oceans von Yes oder The Wall von Pink Floyd seien stellvertretend genannt. 
Zum Ende des Buches gibt es es umfangreiches Quellenverzeichnis für denjenigen, der in die angerissenen Thematiken noch tiefer einsteigen möchte.

Stimmiges Gesamtwerk

Das Buch ist reich mit zeitgenössischen Bildern illustriert. Der Fokus liegt klar auf dem kreativen Kopf Pete Townshend und seinen Einflüssen. Die übrigen Mitglieder von The Who spielen in dieser Dokumentation eher eine Nebenrolle. Wobei ihre Bedeutung auf das Endprodukt Tommy nicht zu unterschätzen sind. Vor allem die des sehr musikalischen John Entwhistle und des wild-manischen, legendären Keith Moon. Der Leser merkt, dass das Dreiergespann Charlesworth, seines Zeichens Musikjournalist, Townshend und McInnerney bei der Entstehung des Buches sehr eng zusammengearbeitet haben. Das Endprodukt spiegelt dieses genau wieder und wirkt wie eine zeitgenössische, detaillierte Dokumentation zur Entstehung des Albums. Als Bandbiographie ist die hier beschriebene Dokumentation eher bedingt geeignet.


Fazit
Eines der bedeutendsten Konzeptalben der Rockgeschichte wird in TOMMY – Stil, Zeitgeist, Musik und Vermächtnis der legendären Rockoper von The Who hervorragend bebildert und trotz seiner relativen Kürze wird die Band und die Entstehungsgeschichte des Albums angemessen beleuchtet und deren zahlreichen Einflüsse und Einflußpersonen wunderbar nachvollziehbar beschrieben. Jedem Fan von intelligenter Rockmusik sei diese Lektüre als unterhaltsamer Lesestoff ans Herz gelegt. 9,5 / 10

9,5

Fun Fact: 
Sieben der ersten zehn Singles von The Beatles handeln von Liebe. Bei The Who wird Liebe in keiner Single thematisiert.


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