Steve Hackett – Selling England By The Pound & Spectral Mornings: Live At Hammersmith – Album Review

Steve Hackett – Selling England By The Pound & Spectral Mornings: Live At Hammersmith
Herkunft:
UK
Release:
25.09.2020
Label:
InsideOut Music / Sony Music
Dauer:
127:14
Genre:
Progressive Rock


Steve Hackett hat in den letzten Jahren mehr Live Releases als reguläre Studioalben unter die Fans gebracht. Er ist ja immer noch trotz seiner mittlerweile 70 Jahre auf ausgiebigen Touren unterwegs und präsentiert Meilensteine seiner Karriere. Zwei dieser Meilensteine präsentierte er letztes Jahr im Hammersmith Eventim Apollo, nämlich das wohl beste Album der alten Genesis bei dem er mitwirkte, Selling England By The Pound von 1973 sowie sein drittes Soloalbum Spectral Mornings von 1979 und auch Auszüge aus seinem aktuellen Album At The Edge Of Light.

Eine Reise in die 1970er

Die beiden erstgenannten Alben wurden an jenem Abend komplett präsentiert, haben beide zu meiner persönlichen musikalischen Adoleszierung Entscheidendes beigetragen und werden auf ewig einen Ehrenplatz in meinem Plattenregal haben. Daher ist es für mich eine besondere Freude, dieser Liveplatte ein paar persönliche Worte spendieren zu dürfen.

Authenzität wird großgeschrieben

Meister Hackett hat erneut hochkarätige Mitstreiter um sich versammelt. Neben seiner rechten Hand Roger King, der auch auf Hacketts aktuellen Studioalben bei der Produktion und an den Tasten sehr gute Arbeit leistet, sind prominente Namen wie Jonas Reingold, unter anderem The Flower Kings, The Tangent, Craig Blundell, unter anderem Steven Wilson, Loney Robot, Rob Townsend sowie wieder einmal Nad Sylvan als Sänger. Gerade letzter, der in vielen Momenten stärker nach Peter Gabriel klingt als dieser selbst, bringt unsterbliche Klassiker wie Dancing With A Moonlit Knight, Firth Of Fifth und The Cinema Show so unglaublich authentisch rüber, dass der geneigte Genesis Fan einer auf niemals verschobenen Genesis 5er Reunion sehr gelassen gegenüber treten kann. Und selbst am Schlagzeug gibt es dank Craig Blundell erfreulich wenig Defizite gegenüber dem immer noch unerreichtem Schlagzeugspiel eines Phil Collins in den 1970ern.

Auch und gerade außerhalb von Genesis stark

Hacketts Soloschaffen besteht aber nicht minder reich aus Klassikern. Gerade Spectral Mornings bietet eine bunte Mischung aus sowohl eingängigen Songs wie Every Day als auch progressive Topmomente wie Clocks – Angel of Mons oder Tigermoth. Gerade hier fällt Hackett gegenüber den Originalen am wenigsten ab. Warum allerdings Lost in Cordoba oder The Ballad Of Decomposing Man bei einer Präsentation des kompletten Albums ausgelassen worden sind, bleibt unklar. Sie mögen keine Highlights sein, aber gehören mit dazu. Anders gesagt, wenn Aisle Of Plenty oder After the Ordeal von Selling England By The Pound gespielt werden, wäre für eben jene auch Platz.

Aktuelle Stücke im Dienste der Klassiker

Aber zum Glück sind ja die Hauptstücke vertreten, natürlich auch das wundervolle Spectral Mornings sowie das erwähnte, majestätische Clocks – Angels of Mons mit seinen uhren artigen Gitarreneffekten und den markdurchdringenden Pedals sowie das reichhaltige und lyrische The Virgin And The Gypsy. Die neuen Stücke Under The Eye Of The Sun, Fallen Walls and Pedestals und Beasts Of Our Time vom aktuellen At The Edge Of Light zeigen eindrucksvoll, wie gut Hackett seinen Gesang über die Jahre entwickelt hat und immer noch zu verstehen weiß komplexe Songs mit seinem unnachahmlichen Gitarrenspiel, aber auch mit viel Pathos ethnisch breit aufgestellt an den Hörer zu bringen.

Und was gibt es noch?

Drei weitere Stücke mit Genesis Bezug, das mit Peter Gabriel geschriebene Deja Vu sowie der Opener Dance On a Volcano und der Closer Los Endos vom ersten Post-Gabriel Genesis Album A Trick Of The Tail runden die Show ganz im Dienste der alten Genesis, auf der letztendlich das Soloschaffen von Steve Hackett fußt, ab. Gegenüber den anderen Livescheiben neueren Datums von Steve Hackett fällt auch Selling England By The Pound & Spectral Mornings: Live At Hammersmith in keinster Weise ab.

Im modernen Gewand kommen die unsterblichen Klassiker so lebendig aus den Boxen, dass es dem Fan warm ums Herz wird. Der Vorwurf des Selbstplagiats kann hier nicht bestätigt werden. Das ideale Medium für eine Livekonserve ist natürlich die Bluray, im Mehrkanal-Mix sitzt der Hörer mitten im Geschehen.


Fazit

Steve Hackett bringt mit Selling England By The Pound & Spectral Mornings: Live At Hammersmith eine mit zahlreichen Höhepunkten gespickte Liveumsetzung drei seiner besten Werke in den Fokus. Er und seine Mitstreiter agieren so unglaublich authentisch und homogen, dass es eine Freude ist daran teilzuhaben. Nad Sylvan am Mikro ist der perfekte Gabriel-Performer, aber auch die übrigen Mitstreiter stellen ihre Darbietung voll in den Dienst des Konzeptes und zeigen, dass es für alle eine Herzensangelegenheit war, dieser Meisterwerke progressiver Rockmusik gerecht zu werden und sie darzubieten. 9 / 10.

Line Up
Steve Hackett – Gitarren
Roger King – Keyboards
Jonas Reingold – Bass
Rob Townsend – Saxophon / Flöte
Craig Blundell – Schlagzeug
Nad Sylvan – Gesang
Gastmusiker:
John Hackett – Flöte
Amanda Lehman – Gitarre und Gesang

Tracklist
01. Every Day
02. Under the Eye of the Sun
03. Fallen Walls and Pedestals
04. Beasts of our Time
05. The Virgin and the Gypsy
06. Tigermoth
08. Spectral Mornings
09. The Red Flower of Tai Chi Blooms Everywhere
10. Clocks – Angel of Mons
11. Dancing with the Moonlit Knight
12. I Know What I Like (In Your Wardrobe)
13. Firth of Fifth
14. More Fool Me
15. The Battle of Epping Forest
16. After The Ordeal
17. The Cinema Show
18. Aisle of Plenty
19. Déja Vu
20. Dance On A Volcano
21. Los Endos

Links
Webseite Steve Hackett


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