Polymoon – Chrysalis – Album Review

Polymoon – Chrysalis
Herkunft:
Tampere / Finnland
Release:
17.02.2023
Label: Robotor Records
Dauer:
44:42
Genre:
Psychedelic / Progressive Rock


Foto Credit: Paulie Moore

Ich muss gestehen, dass das erste Polymoon Album namens Caterpillars Of Creation aus dem Jahr 2020 komplett an mir vorbeigegangen ist. Erst letztes Jahr auf dem Desert Fest kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus, was die fünf Finnen da auf der Bühne entzündeten.

Ungewöhnlich war sowohl das äußere Erscheinungsbild der Band, als auch das musikalische Auftreten. Fünf androgyn wirkende Musiker im 1970er Blümchenkinder Outfit brannten ein sehr eigenes Feuerwerk aus psychedelischen Keyboards, progressiver Rhythmik und intensiven Gitarren ab. Jeder Musiker stellte sein Instrumente heraus und verschmolz doch perfekt in der Gruppe. Der Auftritt war so nachhaltig, dass ich mir die neue Platte Chrysalis sofort geschnappt habe.

Nach der ersten Anhörung war ich erst mal platt. Ich bin kein Typ für nur einen Hördurchlauf, aber das Potential und die Größe haben mich fast umgehauen. Das war aber Grund genug mich zum Vergleich auch dem Vorgänger zu zu wenden. Obwohl Caterpillars Of Creation ebenfalls gelungen ist, hat der aktuelle Longplayer viel mehr Weite und ein wesentlich breiteres Spektrum. Das Debütalbum besaß noch einen Schuss von Shoegazer in sich, der auf Chrysalis kaum noch ins Ohr dringt.

Unendliche Weiten, unvorstellbare Größe

Der Albumanfang ist nahezu optimal und makellos. Er geht trotz progressiver Elemente ins Ohr und wirkt auch mit dem fühlbaren 1970er Style jederzeit frisch. Der Opener Crown Of The Universe spannt uns erst mal zwei Minuten mit ruhigen Tönen auf die Folter. Dann folgt eine musikalische Explosion gleich einer Supernova. Der Song ist rhythmisch mitreißend und besticht wie oben genanntes, kosmisches Ereignis durch Größe. Wenn der Opener die Latte schon so hochlegt, was toppt das noch?

Das folgende Wave Back To Confusion und Instar kommen beide sofort auf den Punkt und sind makellos schön. Die Rhythmusgruppe, Keyboardteppiche und Gitarrenarbeit verweben sich in einen großen fließenden Teppich. Trotz häufiger Rhythmuswechsel und einer unaufdringlichen Stimme von Kalle-Erik Kosonen erscheinen die Kompositionen ausgewogen. Die Instrumentierung wird durch die Produktion perfekt in Szene gesetzt. Als Hörbeispiel könnt ihr euch Wave Back To Confusion HIER anhören.

Die B-Seite des Albums fordert den Hörer mehr. Set The Sun nimmt lange Anlauf und dann einen gewaltigen Schluck aus der psychedelischen Flasche. Der Gesang passt sich durch elektronische Verfremdung den schwingenden Keyboardwänden an. Die Gitarren verwischen und verdichten in ihrer Einheit den Gesamtsound. Genial ist auch die Schlagzeugarbeit von Tuomas Heikura, die in ihrer Breite manchmal schon jazzige Züge aufweist.

Abgedrehtes und Gänsehautgefühl

Spacig und doomig eröffnet A Day In The Air. Ein Song zwischen schneller Abgedrehtheit und heftigen Breaks. Mal bewegt sich der Song so schnell wie schillerndes Licht, dann verfällt er in dunkle riffbetonte Schwere. Eine solche künstlerische Größe habe ich das letzte Mal beim ersten Hören von La Masquerade Infernale von Arcturus empfunden. Polymoon schielen nicht nach Erwartungen sondern verwirklichen ihr Innerstes ohne Grenzen anzunehmen.

Der Abschluss mit Viper At The Gates Of Dawn fällt etwas härter und anspruchsvoller als das vorherige Material aus. Gitarren überlagern sich, der Gesang variiert und die Rhythmusgruppe spielt scheinbar schwere,- und grenzenlos. Das Gitarrensolo im Mittelteil hat epische Größe und verleitet mich dazu, wegen des erzeugten Gänsehautgefühls diesen Teil des Songs immer wieder zu hören. So wie das Album begann, entschwindet Viper At The Gates Of Dawn in stiller werdenden psychedelischen Effekten.

Das Album hinterlässt den Eindruck, dass man gar nicht alles an Ideen erfassen konnte. Die Fülle, welche auf den Geist einwirkte ist einfach zu groß und genial. Es bleibt einem nur das Album immer wieder neu zu hören, um alle Details aufsaugen zu können.

Chrysalis erscheint auf Kadavars eigenem Label namens Robotor Records und gehört natürlich auf Vinyl, welches in verschiedenen Farben und Varianten zu Wahl steht.


Fazit
Polymoon haben sich auf Chrysalis zugunsten der Kreativität von Genregrenzen befreit und füllen Ihren Klangkosmos mit psychedelischen und progressiven Elementen. Das gelingt schwindelerregend gut, klingt immer homogen und hört sich aufregend an und ist jetzt bereits ein Kandidat für meine Top Ten des Jahres. 9 / 10

Line Up
Tuomas Heikura – Schlagzeug
Jesse Jaksola – Gitarre
Otto Kontio – Gitarre
Kalle-Erik Kosonen – Gesang, Synthesizer
Marco Menestrina – Bass

Tracklist
01. Crown Of The Universe
02. Wave Back To Confusion
03. Instar
04. Set The Sun
05. A Day In The Air
06. Viper At The Gates Of Dawn

Links
Facebook Polymoon 
Instagram Polymoon
Webseite Polymoon   


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