Autumn Tears – Guardian of the Pale – Album Review

Autumn Tears – Guardian of the Pale
Herkunft:
USA
Release:
24.03.2023
Label: The Circle Music
Dauer:
01:11:18
Genre:
Neoklassik


Autumn Tears-EnsembleKlassische Musik und Metal haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Wenn man aber genauer hinschaut, dann offenbaren sich viele Gemeinsamkeiten. Das dynamische Songwriting sowie der Hang zur theatralischen Inszenierung sind nur zwei davon. Das ist übrigens keine Meinung, sondern ein Fakt, der durch eine wissenschaftliche Studie, HIER nachzulesen,  aus dem Jahr 2016 untermauert wird.

Warum ist das wichtig? Ganz einfach deshalb, weil das neoklassische Genre aus den genannten Gründen wohl auch den ein- oder anderen Metalhead anspricht. Und in diesem Genre zählen die US-Amerikaner von Autumn Tears seit Jahren zu den bekanntesten Vertretern. Das Ganze ist zwar keine Band im üblichen Sinne, sondern das Studioprojekt des Komponisten Ted Tringo. Auf dem neuesten Werk Guardian of the Pale besteht mit über 70 Minuten Spielzeit und rund 70 teilnehmenden Musikern aber bestimmt kein Zweifel daran, dass sehr viel Herzblut in die Musik eingeflossen ist.

Große Emotionen

Das Doppelalbum vereint mehr Stimmen und Instrumente, als sich in einem halbwegs kompakten Review aufzählen lassen. Trotz der vielen Mitwirkenden, die den Entstehungsprozess vermutlich zu einem komplexen Management-Projekt werden ließen, klingen sämtliche Songs wie aus einem Guss und – ganz wichtig – verheddern sich nicht in all zu vertrackten Arrangements.

Insgesamt betrachtet fokussieren sich Autumn Tears nämlich auf die Erschaffung einer bedächtigen, in Teilen aber dennoch bombastischen Atmosphäre, wodurch sie vom Hörer natürlich vollste Aufmerksamkeit einfordern. Neoklassik ist nun einmal kein Easy-Listening für Autofahrten oder den Hausputz, sondern ein Genre, das neben dem Ohr auch den Kopf und das Herz seiner Fans in Beschlag nehmen möchte.

The Pulse in the Sky ist ein gutes Beispiel dafür, HIER kannst du reinhören. In diesem und vielen anderen Songs auf Guardian of the Pale wird nämlich deutlich, das die ganze emotionale Bandbreite klassischer Musikkreationen sich sehr wohl in wenige Minuten packen lässt – wenn man nur weiß, wie man das angehen muss. Und hier macht Autumn Tears so schnell niemand etwas vor.

Komplex und dennoch eingängig

Wenngleich die Songs allesamt ähnlich aufgebaut sind, so vermitteln sie dennoch unterschiedliche Emotionen. Das liegt einerseits an den wechselnden Gesangsstimmen, aber auch an Details in den Song-Strukturen. Of Wind, Water and Sand zeigt HIER etwa, wie sich mit clever eingesetzten Schlaginstrumenten sowie Pianomelodien gleichzeitig allerhand Bombast und eine bedächtige Grundstimmung kombinieren lassen.

Der einzige wirkliche Kritikpunkt am Doppelalbum ist die lange Spielzeit. Klar, für Genre-affine Hörer ist das kein Problem, Gelegenheitshörer werden aber sehr wahrscheinlich nach rund zwei Drittel gedanklich damit beginnen, abzudriften und den Kompositionen keine Beachtung mehr zu schenken. Das liegt auch daran, das gegen Ende des Werks auch ein wenig die Abwechslung fehlt und man das Dargebotene bereits vor kurzem schon gehört hat – wenn auch ein klein wenig anders arrangiert.

Das ist aber Jammern auf hohem Niveau, denn die musikalische Nische der Neoklassik zielt ohnehin nicht auf Radiotauglichkeit. Dafür aber auf hochwertige Musik, die zwar komplex strukturiert sein kann, aber dennoch weit weg ist vom selbstgenügsamen Gefrickel so mancher Bands, die sich den Begriff “Progressive” auf die Fahnen geschrieben haben und dabei Musik für sich selbst und ihr Ego, aber nicht für ihre Hörer spielen. Mit dieser Herangehensweise haben Autumn Tears nichts gemeinsam, weswegen Guardian of the Pale vermutlich auch so überzeugend klingt.


Fazit
Autumn Tears liefern mit Guardian of the Pale ein Werk ab, das sowohl für Neoklassik-Fans als auch Neuankömmlinge in diesem Genre interessant ist. Das Doppelalbum vereint mehr Musiker als viele mehrtägige Festivals und klingt trotzdem kompakt und in weiten Teilen eingängig. Bombast und Ruhe gehen hier Hand in Hand und aufgeschlossene Metalheads dürften kaum Probleme dabei haben, ein Stück des Weges mitzugehen. 8 / 10


Line Up
Ted Tringo – Komposition, Piano, Texte
Caroline Joy Clarke – Gesang, Komposition
Darren Clarke – Gesang, Komposition
Soroush Abedi – Komposition, Arrangements, Produktion
Ffion Elisa Williams – Gesang
Tamar Singer – Gesang
Dawn Desireé Smith – Gesang
Severndeo – Violine, Cello
et al

Tracklist
CD 1
01. Old Tree
02. Of Wind, Water and Sand
03. A Requiem For Each New Day
04. Daydreaming In Ash Fields
05. Lunatic Poetry
06. Still The Wonder Lingers
07. Lavender Mist
08. Sublimity
09. The Clairvoyant
CD 2
01. The Sound of Withering
02. Radiant Blood
03. The Stain Beneath The Skin
04. The Pulse in the Sky
05. As If We Were Never There
06. And There Rises From Somewhere
07. Guardian of the Pale
08. The Widowtree (CD Bonus)

Links
Facebook Autumn Tears
Bandcamp Autumn Tears



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