Mastic Scum – Nachgefragt bei Harry und Maggo – Interview

Mastic Scum zählen zu den Urgesteinen des österreichischen Death Metal. Auf ihrem sechsten Album Icon zeichnen die Musiker ein dystopisches Zukunftsbild und behandeln dabei auch sehr aktuelle Themen. Sänger Maggo Wenzel und Gitarrist Harry Gandler erzählen uns im Interview das Konzept hinter dem Album. Außerdem erklären sie uns, wieso die Menschheit demnächst untergehen wird und wieso sie nach wie vor begeisterte Musikfans sind.


Mastic-Scum-Icon-CoverMarkus (Soundmagnet.eu): Hallo und Danke für das Interview. Neun Jahre nach eurem letzten Studioalbum bringt ihr mit Icon euer sechstes Vollzeitalbum heraus. Dazwischen habt ihr eine EP sowie eine Split-EP mit Head Cleaner veröffentlicht. Wieso hat es so lange gedauert, bis wir wieder ein reguläres Album von euch in Händen halten können?
Maggo (Gesang): Hallo Markus und vielen Dank für das Interview. Wir waren ja noch nie die Schnellsten mit Alben veröffentlichen, weil wir uns dafür einfach die notwendige Zeit nehmen wollen. Und wir waren die letzten Jahre auch nicht komplett untätig, wie du mit dem Release der Split–EP DEFY schon erwähnt hast. Dazu kam auch noch die RAGE DVD und TAPE Kassette in der Zwischenzeit.
Wenn wir ein Album veröffentlichen, dann wollen wir zu Hundert Prozent damit zufrieden sein und da kann es durchaus auch mal etwas länger dauern. Was uns aber jetzt nicht wirklich stört, denn am Ende ist das Ergebnis das, was zählt.
Harry (Gitarre): Wir nehmen uns immer die Zeit, damit wir eben auch an Details arbeiten können und beim neuen Album sind wir bei manchen Songs, Sound-Effekten und Synths sehr ins Details gegangen. Aber nun ist Icon endlich am Markt und wir freuen uns riesig. Oh yeah!

Markus: Wir bei Soundmagnet haben für Icon die folgenden Worte gefunden: ein brachiales, grooviges und technisch versiertes Death Metal Dauerfeuer, das sich gnadenlos in die Gehörgänge hämmert. Wie würdet ihr eure neue Scheibe beschreiben?
Maggo: Stell dir ein T-800 Skelett vor. Roh und Brutal. Überzogen mit der veränderlichen Form einer polymimetischen Hülle und einer von Cyberdyne System finanzierten und installierten KI die nur eine Mission hat: Töten!

Technologische Bedrohungen

Markus: Ihr scheint dem digitalen Wandel mit all seinen Ausprägungen skeptisch gegenüberzustehen – die neuen Songs hören ja auch auf Namen wie Digital Dementia oder Virtual Irreality 3.0. Was denkt ihr über die aktuellen Entwicklungen, schließlich beeinflussen a-soziale Medien und einzelne Tech-Unternehmen die Gesellschaft so stark wie noch nie zuvor. Als Musiker könnt ihr mit dem Trend zu Streaming statt CD oder LP sicher auch ein Lied davon singen.

Es geht nur um Macht. Es geht ums Geld und um den eigenen Fortschritt. Und wenn dieser Fortschritt bedeutet, dass Menschen dabei sterben müssen um mehr Macht zu bekommen dann … ist das einfach so. (Maggo)

Maggo: Die größten Tech-Unternehmen und Industrien dieser Welt ziehen die Fäden. Sie entscheiden, wer ein Land regiert, wer Nahrung bekommt und wer nicht. Wer darf leben und wer stirbt. Sie verdienen am Leid der Menschen. Sie verdienen Geld mit Krieg und bestimmen, wo, warum und wann er beginnt und wo er endet. Das menschliche Leben spielt eine sehr untergeordnete Rolle, um nicht zu sagen, es spielt überhaupt keine Rolle. Es geht nur um Macht. Es geht ums Geld und um den eigenen Fortschritt. Und wenn dieser Fortschritt bedeutet, dass Menschen dabei sterben müssen um mehr Macht zu bekommen dann … ist das einfach so.
Milliarden werden in KI investiert, die in Minuten mehr lernen als ein menschliches Gehirn in einem ganzen Leben – und sie werden nicht aufhören zu lernen! Sie wollen herausfinden ob diese Intelligenz irgendwann fähig sein wird, ein eigenes Bewusstsein zu entwickeln. Ich glaube, wir können uns in unserem beschränkten Geist gar nicht vorstellen was möglich sein wird …oder schon möglich ist?
Aber sie werden es nicht nutzen um uns das Leben zu erleichtern oder den Verfall unseres Planeten aufzuhalten. Nein, es geht um die Überlegenheit gegenüber anderen Nationen oder Großmächten. Und sie werden keine Sekunde zögern, sie als Waffen gegeneinander einzusetzen… es wird unser aller Untergang sein und Icon ist der Soundtrack dazu!

Es geht auf Icon auch grundsätzlich um die Zerrissenheit der Gesellschaft und dass es immer zwei Seiten geben wird, beziehungsweise mehrere Sichtweisen.(Harry)

Markus: Jetzt könnte ich einzelne Songs auf dem Album sezieren und euch mit Fragen dazu löchern. Aber ich will was anderes versuchen: Beschreibt bitte selbst in ein paar Sätzen die Idee hinter sowie die musikalische Umsetzung eurer neuen Songs. Ich dachte an die folgenden drei Nummern: Digital Dementia, Slavebreed, Retribution.
Harry: Ich zitiere jetzt einfach mal den Presstext vom Albumkonzept: The concept behind Icon is about humans and their beliefs … the constant struggle between good and evil, faith and distrust, humanity and technology, analog and digital. Mankind was and will always be searching for the missing link, the lost piece of the jigsaw puzzle.
Also analog und digital ist für mich persönlich ein großes Thema und ja mittlerweile im Alltag allgegenwärtig. Und inwieweit die Digitalisierung der Menschheit im Endeffekt helfen wird, das wird sich noch herausstellen. Aber es geht auf Icon auch grundsätzlich um die Zerrissenheit der Gesellschaft und dass es immer zwei Seiten geben wird, beziehungsweise mehrere Sichtweisen. Gedanken über eine stets größer werdende Gesellschaft oder ein System mit Modernisierung und Wachstum, wodurch Konflikte unvermeidbar sind. Fakt: We are TOO MANY HUMANS!

Die Liebe zur Musik

Markus: Bedienen wir ein paar Platittüden, das gehört im Metal ja auch irgendwie dazu. Ihr seid euch auf Icon selbst treu geblieben und liefert euren Hörern wieder alle Trademarks, die man von euch kennt. Was aber motiviert euch nach all den Jahren immer noch dazu, neue Musik zu schreiben? Ich gehe mal davon aus, dass man mit eurer Musik keine Millionen scheffeln kann – schnöder Mammon alleine wird’s also nicht sein.

Ich mache und vor allem höre Musik immer noch mit der selben Leidenschaft wie früher. (Harry)

Maggo: Die Motivation ist die absolute Liebe zur Musik. ich liebe es, Ideen und Gefühle durch Musik zum Ausdruck zu bringen und ich traue mich zu sagen, das wir uns in all den Jahren auch immer treu geblieben sind, was aber nicht gleich Stillstand bedeutet. Wir versuchen uns bei jedem Album zu steigern, unsere eigenen Grenzen zu sprengen und das bestmögliche zu geben. Icon ist jetzt die logische, weitere Entwicklung zu CTRL. Es besitzt das selbe stabile und brutale Endoskelett wie CTRL, aber die CPU wurde auf den neuesten Stand der Technik hochgeschraubt, um Icon so kalt und kompromisslos wie möglich klingen zu lassen.
Harry: Ich mache und vor allem höre Musik immer noch mit der selben Leidenschaft wie früher. Für mich macht Musik und Band noch genau soviel Spaß wie am Anfang und neben Live-spielen liebe es einfach neue Musik zu machen. Und Maggo und ich ergänzen uns da bei bestimmten Sachen einfach sehr gut und haben da immer einen guten Flow, wenn wir an neuen Sachen arbeiten, egal ob musikalisch oder bei den Texten.

Am Scheideweg

Markus: Die Death Metal Szene in Österreich ist nicht unbedingt groß, das Club-Sterben durch Covid hat es auch nicht gerade besser, geschweige denn für unbekanntere Bands leichter gemacht, sich zu profilieren. Wie schätzt ihr die derzeitige Situation für Künstler ein?
Maggo: Ich glaube das wir sowieso an einem Scheideweg angelangt sind. Nicht nur in Österreich, sondern die ganze Menschheit. Die Leitungen sind bald gekappt und es lässt sich auch nicht mehr aufhalten. Wir stehen am Abgrund und wollen nicht sehen das wir zu wanken beginnen, aber das ist einen andere Geschichte. Wir haben natürlich das Glück, dass es in Österreich viele richtig coole Veranstalter gibt, die wie viele andere wieder darauf brennen, Konzerte zu veranstalten.
Die letzten zwei Jahre waren für sehr viele Menschen und eben auch Bands und Veranstalter natürlich sehr hart und die Zeit wird auch jetzt nicht mehr leichter. Konzertkarten, Aufwandskosten, Essen, Benzin und so weiter, alles ist für jeden spürbar teurer geworden. Aber ich glaube wenn sich Bands, Veranstalter und Fans bei allem etwas entgegen kommen und es für jeden fair bleibt, werden wir auch weiterhin oder wieder viele coole Veranstaltungen und Konzerte besuchen können. Zumindest solange die Welt, wie wir sie kennen, noch existiert.

Markus: Wenn Covid nicht gerade dazwischen funkt, kann man euch immer wieder mal bei diversen Festivals und Club-Shows live sehen. Habt ihr bereits Pläne für weitere Gigs in Österreich und Deutschland?
Harry: Erst einmal spielen wir jetzt unsere Release Shows in ganz Österreich, da sind wir gerade mitten drin. Wir sind allerdings schon für einige Festivals 2023 bestätigt, unter anderem das Chronical Moshers in Deutschland, NTEY Deathfest in Tschechien oder das Obscene Extreme Festival, auf die ich mich schon besonders freue. Touren haben wir natürlich auch im Blick, aber da noch nichts fixiert ist wäre es jetzt noch zu früh, eine genaue Ankündigung zu machen.

Markus: Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören euch!
Harry: Ebenfalls vielen Dank für das Interview! Ich möchte mich auch hier an alle unseren Freunden und Fans bedanken, thanks for support! Zieht euch unser neues Album Icon rein, danke, BLAST!
Maggo: Danke fürs Interview! Infos und News via Cyberdyne Systems findet ihr auf unseren Insta und Facebook Seiten sowie masticscum.com HIER. The new age of oblivion will rise and Skynet will take over. Be prepared or fucking die!


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