Lethe – Alienation – Album Review

Lethe – Alienation
Herkunft: Schweiz / Norwegen
Release: 26.04.2024
Label: Dark Essence Records
Genre: Avantgarde / Experimentell


Lethe-BandLethe ist der Name eines Flusses in der Unterwelt der griechischen Mythologie. Das passt gut, denn die Musik des gleichnamigen Projekts ist genau so wenig greifbar wie fließendes Wasser.

Aber der Reihe nach: Lethe entstand 2012 als Heimat für die künstlerischen Experimente von Anna Murphy, Frontfrau von Cellar Darling und einst bei Eluveitie aktiv, sowie von Tor Helge Skei, der bei mehreren Bands in Norwegen mitspielt und dort von Black Metal bis zu elektronischem Jazz auf alle Genre-Grenzen pfeift. Nach längerer Pause präsentiert uns das Duo mit Alienation acht neue Songs, die wiederum nur als experimentell bezeichnet werden können. Was aber nicht bedeutet, dass die Tracks nicht über Melodien und ein gewisses Ohrwurmpotenzial verfügen.

Elektronische Gefühlswelten

Insgesamt betrachtet sind die meisten Passagen elektronisch produziert, Gitarrenlinien oder gar Ausflüge in metallische Klangwelten sind zwar vorhanden, aber rar gesät. Anna Murphy liefert den Gesang dazu, der ohnehin außer Konkurrenz steht – dass diese Frau singen kann, ist hinlänglich bekannt.

Viel interessanter ist deshalb die Frage, ob elektronische Musik, gelegentliche Rock- und Metal-Intermezzos sowie atmosphärische Klangteppiche zusammenpassen. Kurze Antwort: Ja, das tun sie. Die erste Auskopplung Erosion ist beispielsweise eine düstere und melancholische Nummer, die zwar kaum auf Gefühlsausbrüche setzt, aber genau damit einen fremdartigen und spannenden Vibe versprüht. Das Video dazu gibts HIER zu finden.

Außenseiter unter sich

Trotz aller Experimentierfreude, die kaum überhörbar aus den Boxen schallt, geben sich Lethe sehr viel Mühe damit, ihren Sound nicht zu einem wirren Fleckerlteppich aus unterschiedlichen Klängen verkommen zu lassen – das soll bei “experimenteller Musik” ja manchmal der Fall sein, haben wir gehört. Das Gefühl des Nicht-Dazugehörens in all seinen Facetten, welches den konzeptuellen Rahmen von Alienation vorgibt, ist jedenfalls gut umgesetzt – denn dieser Sound gehört nirgends so wirklich dazu.

Wem das alles zu avantgardistisch klingt, sollte sich zumindest den Track Éternel anhören, denn diese Symbiose aus Dark Wave und elektronisch-poppigem Gothic Rock geht sofort ins Ohr. Wer hingegen Musik zum Entspannen, Sinnieren und Träumen sucht, die sowohl als Hintergrundbeschallung als auch als Fokuspunkt für vollste Aufmerksamkeit funktioniert, dem sei Alienation wirklich ans Herz und auf den Plattenteller gelegt.


Fazit
Lethe pfeifen per Eigendefinition auf sämtliche Konventionen, was man auch dem neuesten Werk Alienation deutlich anhört. Dennoch ist der avantgardistische Zugang dieses Musikprojekts keineswegs abgehoben, dissonant oder von wirren Klangstrukturen durchsetzt, denn dafür achtet das Duo zu sehr auf einen roten Faden und eine klare Melodieführung. Somit ist dieses Album ein Geschenk von aufgeschlossenen Musiker:innen an aufgeschlossene Musik-Fans, das vor allem in den ruhigeren Momenten des Lebens eine Bereicherung darstellt. 8 / 10

Line Up
Tor Helge Skei – Synth, Gitarre, Bass, Electronics
Anna Murphy – Gesang, Flute, Synth

Tracklist
01. Anhedonia
02. Brighter
03. When it’s Over
04. Éternel
05. Crossroads
06. Sedator
07. Erosion
08. Worm

Links
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