Messiah – Nachgefragt bei Brögi – Interview

Ein Comeback Album, das eingeschlagen hat wie eine Bombe, haben Messiah mit Fracmont veröffentlicht. Dies hat unser Redakteur Frank zum Anlass genommen, um Mastermind Brögi mit Fragen zu löchern. Erfahrt zum Beispiel, was ein Barbecue mit dem Comeback der Band zu tun hatte.


Frank (Soundmagnet): Fracmont hat mich persönlich sehr überrascht und ist für mich das Comeback des Jahres. Erzähl mal, was habt Ihr die letzten Jahre so getrieben und was waren die Gründe für euer Comeback?
Brögi: Das ehrt uns sehr, herzlichen Dank. Nun, Andy und ich haben in all den Jahren der Stille um Messiah musikalisch gar nichts gemacht, Steve und Patrick schon. Sie spielten in anderen Bands, Steve heute noch – z.Bsp. mit Gurd. Der Auslöser für ein Comeback war die Einladung eines engen Freundes von uns, an seinem  in der Schweiz renommierten Mega Mosch Festival in Luzern – im Dez. 2017, vielleicht 2-3 Songs zu spielen. Ich lud meine Bandkollegen im Sommer 2017, nach dieser Anfrage, auf eine Barbecue Party bei mir zuhause ein und erzählte ihnen davon. Sie willigten ein und wir begannen im Herbst 2017 zu proben – und hatten riesen Spaß dabei. Dann, an diesem  Konzert im Dez. 2017, welches anonym angekündigt wurde, waren es nicht nur 2-3 Songs, sondern ein 50 Minuten Set. Und die Fans feierten mit uns ab. Danach folgte im Januar 2018 eine ernste Besprechung unter uns, ob wir das offiziell wieder machen wollen – mit Erfolg, und mit dem Vorhaben, ein neues Album zu kreieren. Wir  veröffentlichten eine Presse-Info und dann folgten die Reunion Konzerte in Italien, Tschechien, Belgien, Deutschland, USA, Spanien  und natürlich in der Schweiz.

Frank: Ihr seid auch in der Vergangenheit bekannt dafür gewesen, euch nicht auf einen bestimmten Stil festzulegen. Wie sieht denn so eine klassische Bandprobe bei euch aus? Sind alle in der Band am Songwriting involviert?
Brögi: Das hast du richtig bemerkt. Messiah orientierte sich nie an einer bestimmten Stilrichtung, vielmehr an dem, was wir einzelne Musiker selbst als Fans des Metals verschiedener Stilrichtungen einbringen. Interessanterweise war das früher im Original Line-Up so  und auch heute wieder, mit dem klassischen „Noise-Line-UP“.  Mit der aktuellen Reunion haben wir gewissermaßen wieder das Band-Feeling wie in den 90-ern gefunden, wenn auch mit erheblich weniger Zeitaufwand im Proberaum als damals. Neu ist, dass ich die Grundideen anhand zuhause aufgenommenen Gitarrenriffs und Grobarrangements in den Proberaum gebracht habe. Dann haben wir aber alles gemeinsam arrangiert, umgekrempelt und insbesondere auch auf die Vocals abgestimmt – und umgekehrt. Fracmont ist ein 100% Bandprodukt aller beteiligter Member. Und ich glaube, das hört man aus dem Album heraus.

Frank: Der Titelsong „Fracmont“ beinhaltet sehr viele spielerische Elemente, unter anderem mit einem Soundtrack mäßigen Mittelteil. Alles klingt inhaltlich, wie aus einem alten Geschichtsfilm. Handelt sich eurem Album um ein Konzeptalbum und was hat es mit der Sage um den gleichnamigen Berg in Luzern zu tun?
Brögi: Ich probiere mich kürzer zu fassen, als der Song lang ist. HA, HA….Es handelt sich nicht um ein Konzeptalbum. Fracmont mit seiner Länge steht für sich selbst und ist in sich gewissermaßen ein Konzept-Song.. Messiah befasste sich schon früher inhaltlich mit dem Thema religiös kritischer Aussagen, oder auch der Faszination des römischen Reiches. (z.BSp. Song „NERO“1987 des Albums Extreme Cold Weather). FRACMONT ist eine Art „Verpackung“ beider Themen.  Ausgelöst durch meine Inspiration, da ich mit meiner Familie seit 14 Jahren am Fuße des „Pilatus“  (Fracmont oder Fractus Mons, mittelalterlicher Name) hier in einem Tal vor der Nordflanke des imposanten Berges lebe. Und dann gibt es einerseits die Mystik der Sage um die letzte Ruhestätte des Leichnams von Pontius Pilatus, Präfekt und Statthalter von Judäa, Mörder von Jesus Christus, abstammend von der grausamen Familie der Pontier, hier vor Ort, angeblich  im ehemaligen Pilatussee. Und auf der anderen Seite, was die bis ins 16 Jh. von der katholischen Kirche geprägte Obrigkeit der damals hauptsächlich  heidnisch geprägten Bevölkerung  mit diesem Aberglauben antat, um ihre Macht zu erhalten: Tierseuchen, die Pest, Missernten, Unwetter  wurden der Störung des Pilatusgeistes begründet. Fehlbare die das Tal besuchten, wurden damals eingekerkert oder hingerichtet. Noch heute prägt das politische Wappen der Gemeinde Schwarzenberg, zu dem das Eigenthal gehört, symbolisch die damalige Talsperre. Wenn ich aus meinem Wohnzimmer Tal auswärts schaue, sehe ich den noch heute genannten Galgenhügel, wo die katholische Kirche damals ihre Macht demonstrierte. Das alles inspirierte mich, diesen Song zu schreiben, der  nahtlos an die alten Themen von Messiah anknüpft.

Frank: Ganz besonders gefällt mir, dass ihr euch nicht zu schade seid, mit modernen Einflüssen zu spielen. Wie steht ihr zur neuen Generation des Extreme Metals? Gibt es neue Bands, die genau euren/deinen Nerv treffen?
Brögi: Also ehrlich gesagt, haben wir uns nicht wirklich an neuen Einflüssen orientiert oder zu spielen versucht. Es wäre viel mehr Zufall. Ich kann hier nur für mich sprechen: Ich bin leider „weg vom Fenster“ und habe keine Ahnung von modernen  Bands, müsste mich hier mal reinhauen… Sicher haben einige meiner Bandkollegen hier mehr Zugang, aber wie gesagt, wir ließen uns nie von außen inspirieren und es war auch nie ein Diskussionsthema, viel zu sehr waren wir mit uns selbst beschäftigt.

Frank: Wie seid Ihr generell mit den weltweiten Reaktionen auf das Album zufrieden?
Brögi: Wir sind überwältigt – ehrlich gesagt. Denn es war eine Gratwanderung, ein neues Album mit unserem alten Erbe zu machen…

Frank: Besonders im Death und Thrash Genre gibt es wenig Bands die in Landessprache singen. Habt Ihr jemals drüber nachgedacht ein Album komplett in deutscher Sprache bzw. in Schweizerdeutsch zu schreiben?
Brögi: Ha, geile Frage. Also mit unserem neuen Song „Dein Wille Geschehe“ wären wir ja schon mal nah dran. Das wars dann aber auch schon. Wir hatten mit Andy anfänglich zu kämpfen- sowas zu machen. Und da wir eine typisch schweizerisch demokratische Band sind, wird wohl nix daraus…..

Frank: Leider wurde auf Grund der Covid-Pandemie euer Konzert in Österreich abgesagt. Natürlich wollen die Fans wissen, ob es in Zukunft auch eine kleine Tour zum Album gibt?
Brögi: Also von touren kann ja wohl im Moment keine Band eine Aussage machen. Ich hoffe, das Konzert in Landeck ist nur verschoben – und nicht gänzlich abgesagt….

Frank: Euer Label High Roller hat wirklich echt schöne LP Editionen von Fracmont auf den Markt gebracht. Seid ihr als Hasen des Geschäfts über die Renaissance des Vinyls überrascht und sammelst du selber Platten?
Brögi: Ja, High Roller ist einfach das perfekte Label für uns. Total passend für so eine alte Band wie wir. Und sie bieten höchste Qualität an Veröffentlichungen, spezialisiert auf Vinyl. Was könnte es Besseres geben, für so eine alte Band wie Messiah? Das HI PA HO MEGA HYPER PI PA PO der großen Labels brauchen wir nicht, wir sind lieber nah an den Fans dran, in Gemeinschaft mit HRR, welches aus Leidenschaft eines Fans entstanden ist. Ja, ich sammle auch Platten, das emotionslose Sammeln von Downloads oder gar Streaming ist nix für mich – mehr für die digitale Industrie, die auf die Zukunft hofft. Der Metal Fan aber sammelt, handfest – das müssten sich einige Labels mal was überlegen. Ich find es einfach nur schön, dass dasselbe Format wieder präsent ist, wie ich mein erstes Album 1986 in den Händen halten durfte, und ungemein stolz darüber war.

Frank: Wenn du aus drei Extrem Metal Alben die Wahl treffen müsstet, wie würdet Ihr euch entscheiden und warum?
Brögi: Leider kann ich hier nichts Modernes bieten, da ich aus einer anderen musikalischen Sparte beeinflusst bin. Außer: Es gibt aber für mich eine andere Sichtweise, was extrem Metal bedeuten kann:  Nimm dir die Riffs von Manilla Roads Album „Crystal Logic“, transferiere sie in moderne Rhythmen, addiere einen modernen extremen Gesang – und dann, wahnsinnig, was der Meister Marc Shelton schon 1978 ab seinen ersten Alben erkannt hat. Wenn er es vielleicht auch nicht wollte und sich je bewusst war, aber was daraus entstehen kann, ist für mich realer Extreme Metal ….mal abgesehen von den Vocs.

Frank: Brögi, vielen Dank für das Interview.
Brögi: Hey, vielen Dank dir nochmals – hat Spaß gemacht!


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